Die Tierformen sind eine der sogenannten „Kernroutinen“ der Wildnispädagogik – womit auch schon klar ist, dass sie ein multidimensionales, tiefgehendes Werkzeug sein können für unseren Natur- und allgemeinen Lebensweg.
Was steckt da alles drin? Oberflächlich betrachtet erscheinen die Tierformen, also die physische Imitation von Tieren und anderen Lebewesen, als Tai Chi-ähnliche Aufwärmübungen; als etwas, um uns auf spielerische Weise mit der heimischen Tierwelt vertraut zu machen.
Erst mit dem tatsächlichen Tun, vielleicht auch als Routine über einen gewissen Zeitraum hinweg, erschließen sich die wahren Geschenke dieser Praxis. Es ist ja auch nichts wirklich Neues, was wir da lernen, sondern steckt auf Gen-Ebene in jeder Zelle unseres Körpers.
In „The Great Dance“, einer fantastischen Doku über San-Buschleute in in Südwest-Afrika, imitieren die Jäger, während sie der Fährte folgen, mit Händen, Armen, ihrem ganzen Körper die Bewegungen des Wildes.
Kinder lieben es, in die Rolle anderer Wesen zu schlüpfen, ob Tier oder Mensch, und tun es einfach ständig, ohne dazu angeregt werden zu müssen.
Und wir? Was könnte uns Erwachsene dazu bewegen, auf allen Vieren durchs Gras zu krabbeln oder wie ein Eichhörnchen hektisch imaginäre Nüsse zu benagen?
Die Suche nach Verbindung. Nach Verständnis. Nach Einblicken in das Leben anderer Wesen.
Dieses angeborene Bedürfnis nach Imitation aktiviert unseren gesamten Körper und all unsere Sinne. Wir können uns nicht nur körperlich in Tiere, Pflanzen, Flüsse, Wind, Menschen einfühlen, sondern auch innerlich. Wie fühlt es sich an, dieses andere Wesen zu sein? Warum ist oder handelt es so, wie es das eben tut? Wie sonst soll tiefe Empathie entstehen?
Die Sache ist ganz einfach:
Kindliche Freude daran haben! Nicht vom Kopf her drangehen, einfach den Körper machen lassen.
Z.B. ein Tier (Haustier?) eine Weile beobachten. Dann die Augen schließen, sich tief in das Tier einfühlen und die Spiegelneuronen den Körper übernehmen lassen. Auftretenden Impulsen folgen. Es können winzig kleine Bewegungen sein – oder energisches Umherhüpfen, gern auch mit Lautäußerungen. SEI das Tier.
Versuch´s mal mit einem Baum. Oder dem Wind.
Versuch´s mal mit Menschen. Das kann ganz unbemerkt, ganz nebenbei geschehen. Positioniere den Körper genau so wie die Person, die dir im Zug gegenüber sitzt.. Folge einem Jugendlichen oder alten Menschen ein Stück weit durch die Straßen und bewege dich wie sie. Wenn du eine Person irgendwie „speziell“ reden hörst – imitiere Stimme und Redestil.
Die Möglichkeiten sind endlos.
Was taucht an Empfindungen, an Eindrücken und Erkenntnissen dabei auf?
Wie gut und tief gelingt es dir, dich auf diese Weise, nonverbal, mit dem Wesen zu verbinden?
Viel Spaß 😄